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Stadtführungen zur jüdischen Geschichte während des Nationalsozialismus nun als Hörfassung

Nachricht vom 29.03.2021

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Sparkassenstiftung unterstützt digitales Projekt mit mehr als 2800 Euro

Seit vielen Jahren halten die Stadt Nordhorn und das Forum Juden/Christen die Erinnerungen an die Verbrechen der Nazi-Diktatur an den jüdischen Bürgern in Nordhorn aufrecht und organisieren Stadtführungen zu ihrer Geschichte. Anlaufpunkte sind jeweils die sogenannten „Stolpersteine“ des Künstlers Gunter Demnig. Schon im Jahr 2019 entwickelten Schüler der Berufsfachschule „Informationstechnische Assistenten“ der GBS Grafschaft Bentheim mit Unterstützung ihrer Lehrerin Inka Rohe sowie den Lehrern Thorsten Wesker und Kolja Strauss QR-Codes für fast alle „Stolpersteine“, die von der Stadt unentgeltlich verlegt und von der Grafschafter Sparkassenstiftung gefördert wurden. Die digitalen Inhalte wurden jetzt erweitert: Wer sein Smartphone auf die QR-Codes richtet, erfährt nun auch als Hör- und Lesefassung inklusive Fotoreihen vom Leben, Leid und der Ermordung der jüdischen Bürger sowie der fünf Widerstandskämpfer, die alle dem willkürlichen Terror der Nationalsozialisten ausgesetzt waren. Für diese Erweiterung des Gemeinschaftsprojektes stellt die Grafschafter Sparkassenstiftung erneut mehr als 2800 Euro zur Verfügung.

„Die Informationen als Hör- und Lesefassung mit Bebilderung zu integrieren, bedeutet, dass das Projekt nun nachhaltig ausgerichtet ist. Interessierte sind nicht mehr an die Zeiten der Stadtführungen gebunden“, verdeutlicht Lars Klukkert, Stiftungsrat der Grafschafter Sparkassenstiftung, bei der Spendenübergabe an Projektleiterin Erika Klanke, die sich seit vielen Jahren dafür einsetzt, mit diesem und auch folgenden Projekten die Erinnerungskultur zu stärken. Sie freut sich über das Resultat des Gemeinschaftsprojektes mit der GBS (hier besonders über den ehrenamtlichen Einsatz des Schülers Tim Beniermann, der alle Daten für die Website der Stadt Nordhorn vorbereitete), dem Forum Juden/Christen im Kloster Frenswegen, der Stadt und der Sparkassenstiftung. „Die Informationen sind nun für die Zukunft gespeichert, können später einmal auch auf aktuellere Medien übertragen werden und bleiben so lange erhalten“, äußert Klanke. Die Informationen zu den Stolpersteinen sind darüber hinaus auch direkt über die Homepage der Stadt Nordhorn zu finden: www.nordhorn.de/stolpersteine

Erika Klanke hat die Inhalte zu den Hör- und Lesebeispielen sowie Fotoreihen zu den Nordhorner Familien erarbeitet. Gerhard Naber, der die Stadtführungen in Nordhorn durchführt, fügte die Daten zu den Gedenkorten hinzu. Eingelesen wurden sie von Klanke und Naber selbst und von Mitgliedern des Forums. Umgesetzt wurden die Hörfassungen von der Firma Samsong Productions, die die Fassungen im Tonstudio auch emotional untermalte. „Die Firma hat zu dieser Thematik bereits Projekte wie in der Gedenkstätte Kamp Westerbork durchgeführt. Außerdem gibt es Kooperationen mit Archiven und Museen weiterer Konzentrationslager“, weiß Klanke zu berichten.

Der Ort der Spendenübergabe wurde bewusst gewählt: An der Prollstraße 5 in Nordhorn steht das sogenannte „Judenhaus“. Im ehemaligen Wohnhaus der jüdischen Familie Frank lebten die letzten sechs jüdischen Mitbürger Nordhorns, bevor sie sich am 11. Dezember 1941 auf die für sie ungewisse Reise in das Ghetto Riga machen mussten – dem sogenannten „1. Bielefelder Transport“, der allen sechs Nordhornern den Tod brachte. Auch hierüber gibt es nun eine Hör- und Lesefassung mit Bebilderung.   

Geplant ist nach Auskunft von Klanke zudem, die eingesprochenen Texte in einem zukünftigen Projekt auch ins Niederländische zu übersetzen, sodass auch grenzüberschreitend die „fatalen Beispiele aus unserer Lokalgeschichte medial zum Lesen, zum Hören und zum Ansehen für unsere niederländischen Nachbarn bereitgestellt werden können“, so Klanke. In die Niederlande hatten direkt nach der Reichskristallnacht am 9. November 1938 die meisten jüdischen Familien aus Nordhorn, die noch nicht emigriert waren, ihre Kinder gebracht. Sie hofften dort auf ein besseres Leben. Nach den Verordnungen „Sühneleistung“ und „Ausschaltung aus dem Wirtschaftsleben“ vom 12.11.1938 wurden die „deutschen Juden“ zu einer Zahlung von 1 Milliarde Reichsmark verurteilt und genötigt, ihren Besitz an Interessierte zu verkaufen, wofür sie aber niemals Geld erhielten. Das von den jeweiligen Käufern gezahlte Geld behielten die Nazis als Entschädigung für die von ihnen selbst verursachten Schäden der Pogromnacht. So flohen nach der unsäglichen „Abwicklung ihrer Geschäfte“ auch die Mütter und Väter dorthin, wo sie sich vor den Schergen des Nationalsozialismus sicher fühlten. 1940 wurden sie leider nach dem Angriff Deutschlands auf die Niederlande eingeholt, inhaftiert und zumeist über das Judendurchgangslager Kamp Westerbork in den Osten deportiert und ermordet.

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Kontakt

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Bahnhofstr. 11
48529 Nordhorn

    Ansprechpartner/in
    Lars Klukkert

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